Bisherige Reformen verpufft
Straßenausbaubeiträge vollständig und landesweit abschaffen
Kaum eine niedersächsische Kommune gewährt den Grundstückseigentümern Erleichterungen bei den Straßenausbaubeiträgen, obwohl diese seit einer Gesetzesnovelle im Oktober 2019 ausdrücklich möglich sind. Dies geht aus einer Untersuchung des Bundes der Steuerzahler hervor, der Angaben aus 250 der 535 beitragserhebenden niedersächsischen Kommunen ausgewertet hat.
Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter in den niedersächsischen Kommunen dauerhaft so sehr wie das Thema Straßenausbaubeiträge. Hiervon zeugen die zahlreichen Bürgerinitiativen, die sich in den vergangenen Jahren vielerorts mit dem Ziel gegründet haben, die Straßenausbaubeiträge lokal oder landesweit abzuschaffen. Die gesellschaftliche Akzeptanz für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist zunehmend verloren gegangen. Nachvollziehbar, denn nicht selten erreichen die von den Kommunen versendeten Beitragsbescheide fünf- oder in Ausnahmefällen sogar sechsstellige Euro-Beträge. Dabei hat die finanzielle Belastung der Beitragsschuldner in den letzten Jahren besonders stark zugenommen, weil sich die Preise im Straßenbau wesentlich dynamischer entwickelt haben als die Einkommen der Bürger: Im Jahr 2020 lagen die Einkommen im Schnitt 9 Prozent über denen von 2015. Die Preise im Straßenbau haben im gleichen Zeitraum hingegen um satte 27 Prozent zugelegt – Tendenz: stark steigend! Eine Entlastung der Grundstückseigentümer wäre also dringend geboten.
Der Bund der Steuerzahler setzt sich daher bereits seit Jahren – gemeinsam mit den niedersächsischen Landesverbänden von Haus&Grund, Verband Wohneigentum und dem Landvolk Niedersachsen – für eine vollständige Abschaffung der Erhebung der von Straßenausbaubeiträgen auf Landesebene ein. Dabei war der BdSt stets der Auffassung, dass die von der großen Koalition und ihrer rot-grünen Vorgängerregierung angeschobenen Reformen des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz (NKAG) zu kurz greifen, um für eine echte Entlastung der Grundstücksbesitzer zu sorgen. Die nun vorliegende Untersuchung bestätigt diese Befürchtungen.
Ausgewählte Ergebnisse der Untersuchung:
Die letzte NKAG-Novelle von 2019 räumt den Städten und Gemeinden u.a. die Möglichkeit ein, den gemeindlichen Kostenanteil beim Straßenausbau höher festzusetzen und damit den beitragspflichtigen Anteil der Grundstückseigentümer direkt und mitunter deutlich zu senken. Von den befragten beitragserhebenden Kommunen macht hiervon bisher jedoch nur etwa jede vierzehnte Kommune Gebrauch. Von einer flächendeckenden Entlastung der Anlieger – wie sie die Landesregierung versprochen hat – kann also keine Rede sein.
Ferner erlaubt das Gesetz, Zuschüsse Dritter – etwa im Rahmen des Niedersächsischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (NGVFG) – auch zur Senkung von Anliegerbeiträgen einzusetzen und nicht wie bisher lediglich zur Entlastung der Gemeindekasse. Diese Regelung wendet immerhin etwas mehr als jede neunte beitragserhebende Kommune an. Die Entlastungswirkung fällt dabei jedoch deutlich geringer aus als die einer direkten Senkung des Anliegeranteils, zumal Anliegerstraßen mit besonders hoher Kostenbeteiligung der Grundstückseigentümer (i.d.R. 75 % der Kosten) ohnehin von einer NGVFG-Förderung ausgeschlossen sind.
Mit der Reform wurde auch die Möglichkeit geschaffen, den Beitragsschuldnern die Option zur Verrentung der Beitragszahlungen auf bis zu 20 Jahre einzuräumen. Eine solche Verrentung sehen bisher rund 8,5 Prozent der beitragserhebenden Kommunen vor. Nicht alle Kommunen verzichten dabei allerdings auf eine Verzinsung der jährlichen Zahlungen und schlagen somit mitunter sogar noch Profit aus der eingeräumten Verrentungsmöglichkeit.
Eine zufriedenstellende und abschließende Lösung kann nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler nur durch eine vollständige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auf Landesebene erfolgen. Da Gemeindestraßen öffentliche Güter darstellen, die von allen uneingeschränkt genutzt werden können, wäre eine gemeinschaftliche Finanzierung ohnehin die adäquatere Lösung. Eine einseitige Belastung der Straßenanlieger ist und bleibt dagegen ungerecht.
Weitere Ergebnisse der Umfrage, Informationen über die Beitragserhebung in den anderen Bundesländern sowie eine detailliertere Auseinandersetzung mit den bisherigen Reformversuchen in Niedersachsen können sie der vollständigen Ausarbeitung entnehmen, die Sie hier downloaden können:
„Straßenausbaubeiträge in Niedersachsen – Eine Bestandsaufnahme im Frühjahr 2021“ entnehmen,