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Wohnkomplex wegen Corona abgeriegelt: Bewohner erhalten kein Schmerzensgeld

26.06.2024

Die Stadt Göttingen muss den Bewohnern eines Wohnkomplexes in Göttingen, den sie während der Corona-Pandemie hatte abriegeln lassen, kein Schmerzensgeld wegen Freiheitsentziehung und Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts zahlen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig in zweiter Instanz bestätigt.

Geklagt hatte eine Vielzahl von Bewohnern des Wohnkomplexes. In der Corona-Pandemie hatte ihnen die Stadt auf Grundlage einer Absonderungsverfügung sieben Tage untersagt, ihre Wohnung zu verlassen, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Das Gebäude wurde zur Durchsetzung der Maßnahme zeitweise mit einem Bauzaun umstellt und durch die Polizei abgeriegelt. Hintergrund der Maßnahme war das Ergebnis einer zuvor durchgeführten Reihentestung, bei der mehr als 100 der 668 Bewohner positiv auf das Coronavirus Sars-CoV-2 getestet worden waren.

Ihren Antrag auf Schmerzensgeld begründeten die Bewohner insbesondere damit, dass sie aufgrund der rechtswidrigen Maßnahme in ihrer Fortbewegungsfreiheit beschränkt worden seien, Hunger und Schmerzen erlitten und sich wegen der Absperrung des Gebäudes gedemütigt und stigmatisiert gefühlt hätten.

Das Landgericht (LG) Göttingen hatte in 40 Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Die dagegen gerichteten Beschwerden blieben ohne Erfolg. Das OLG Braunschweig bestätigte die Entscheidungen. Den antragstellenden Bewohnern stehe weder aufgrund der Absonderungsverfügung noch aufgrund der Absperrung des Gebäudes ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Die Stadt habe die Absonderungsverfügung aus damaliger Sicht rechtmäßig zum Schutz der Bevölkerung erlassen. Es sei eine exponentielle Ausbreitung des Virus in dem Gebäude befürchtet worden. Die individuellen Interessen der Bewohner hätte daher hinter dem Schutz der Bevölkerung für Leib und Leben zurücktreten müssen.

Auch die Absperrung des Wohnkomplexes durch den Bauzaun und die Polizei führe – selbst wenn dies rechtswidrig erfolgt wäre – nicht zwangsläufig zu einem Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Bewohner hätten ihre konkret erlittenen Beeinträchtigungen oder Schäden darlegen müssen. Dies sei ihnen weder in dem Verfahren vor dem LG noch in dem Beschwerdeverfahren gelungen.

Das Gebäude hätten sie schon wegen der Absonderungsverfügung nicht verlassen dürfen. Inwieweit sie durch die Absperrung weitergehend beeinträchtigt worden seien, hätten sie nicht vorgetragen. Auch hätten sie nicht ausreichend dargelegt, welche gesundheitlichen oder psychischen Beeinträchtigungen sie durch das Vorgehen der Stadt im jeweiligen konkreten Einzelfall erlitten hätten.

Wird die Prozesskostenhilfe – wie in den vorliegenden Verfahren – abgelehnt, muss die Klägerpartei, die ihre Klage von der Bewilligung abhängig gemacht hat, nun entscheiden, ob sie die Klage auf eigene Kosten weiterverfolgen will.

Oberlandesgericht Braunschweig, PM vom 25.06.2024

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