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Versorgungsbezüge aus früherer inländischer Betriebsstätte: Sind beschränkt steuerpflichtig
Versorgungsleistungen, die aufgrund einer früherengewerblichen Tätigkeit im Inland bezogen werden, sind inländische nachträglicheEinkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 49 Absatz 1 Nr. 2a Einkommensteuergesetz(EStG). Ist "auslösendes Moment" für die Zahlung derVersorgungsbezüge die gewerbliche Tätigkeit im Rahmen der früheren inländischenBetriebsstätte, sind diese Bezüge auch abkommensrechtlich weiterhin dieserfrüheren inländischen Betriebsstätte zuzuordnen. Das gilt laut Finanzgericht(FG) Baden-Württemberg auch dann, wenn diese im Zeitpunkt der Auszahlung nichtmehr besteht und der Versorgungsleistungsempfänger inzwischen in ein anderesLand verzogen ist.
Der Kläger war bis 2014 als Versicherungsvertreter für dieVersicherung XY tätig und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. SeinenGewinn ermittelte er gemäß § 4 Absatz 1 Satz 1 EStG durchBetriebsvermögensvergleich. Nachdem er die Tätigkeit in 2014 aufgegeben hatte,erhielt er in den Streitjahren 2015 bis 2020 neben einer Rente aus dergesetzlichen Rentenversicherung Versorgungsleistungen aus demVertreterversorgungswerk der XY. Der Kläger gab seine Wohnung in Deutschlandauf und zog in die Slowakei. Die Versorgungsleistungen wurden weder in denGewinnermittlungen während seiner aktiven Tätigkeit bis 2014 noch im Rahmen derBetriebsaufgabebilanz 2014 einkommensteuerlich berücksichtigt. Der Klägererklärte und versteuerte die Versorgungsleistungen in den Streitjahren in derSlowakei.
Das Finanzamt unterwarf diese der beschränktenSteuerpflicht. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Das Finanzamt habedie an den Kläger in den Streitjahren gezahlten Versorgungsleistungenzutreffend in Deutschland der Einkommensteuer unterworfen, meint das FG. DieVersorgungsleistungen unterlägen gemäß § 1 Absatz 4, § 49 Absatz 1 Nr. 2a EStGin Deutschland der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Zudem stehe Deutschlandnach Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 DBA-Slowakei das Besteuerungsrecht zu.
Nach nationalem Recht handele es sich bei den in denStreitjahren gezahlten Versorgungsleistungen um inländische Einkünfte ausGewerbebetrieb im Sinne des § 49 Absatz 1 Nr. 2a EStG, die gemäß § 1 Absatz 4EStG in Deutschland der (beschränkten) Einkommensteuerpflicht unterlägen, weilder Kläger in den Jahren 2015 bis 2020 im Inland weder einen Wohnsitz nochseinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe.
Die an ihn in den Streitjahren gezahltenVersorgungsleistungen führten zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb imSinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 24 Nr. 2 EStG. Fürdiese werde im Sinne des § 49 Absatz 1 Nr. 2a EStG auch eine Betriebsstätteunterhalten. Zwar habe der Kläger vor den Streitjahren seinen Gewerbebetriebbereits aufgegeben und im Zeitpunkt der Auszahlung der Versorgungsleistungenkeine inländische Betriebsstätte mehr innegehabt. Allerdings reiche es für § 49Absatz 1 Nr. 2a EStG aus, dass die Einkünfte ihre Veranlassung in einerursprünglich betriebenen inländischen Betriebsstätte hatten.
§ 49 Absatz 1 Nr. 2a EStG sei seinem Sinn und Zweckentsprechend weit auszulegen. Entscheidend sei, dass die an den Klägergezahlten Versorgungsleistungen ihre Veranlassung in seiner aktiven Tätigkeitbei der XY gehabt hätten und zu einer Zeit "erdient" worden seien, alsdieser eine Betriebsstätte unterhalten habe.
Das hiernach begründete innerstaatliche Besteuerungsrecht wirdlaut FG auch nicht nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland undder Slowakai (DBA-Slowakei) ausgeschlossen. Die Zuweisung desBesteuerungsrechts bestimme sich für die an den Kläger gezahltenVersorgungsleistungen abkommensrechtlich nach Artikel 7 DBA-Slowakei und nichtnach dessen Artikel 19. Nach letzterem könnten vorbehaltlich des Artikels 18 Absatz1 Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigenPerson für frühere unselbstständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staatbesteuert werden. Artikel 19 DBA-Slowakei regele somit lediglich dieBesteuerung der Bezüge, die für ein früheres privates Arbeitsverhältnis bezahltwürden, wohingegen Ruhegehälter beziehungsweise – wie hier – Versorgungsbezügefür eine vorangegangene selbstständige Tätigkeit nicht von dieser Vorschrifterfasst seien.
Gemäß dem hiernach einschlägigen Artikel 7 Absatz 1 Satz 1DBA-Slowakei könnten Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur indiesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übe seine Tätigkeitim anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übe esseine Tätigkeit in dieser Weise aus, könnten die Gewinne des Unternehmens gemäßArtikel 7 Absatz 1 Satz 2 DBA-Slowakei in dem anderen Staat besteuert werden,jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden könnten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), dersich das FG anschließt, komme es für die abkommensrechtliche Abgrenzung derBetriebsstätteneinkünfte auf das der jeweiligen Betriebsstätte tatsächlichzuzuordnende Vermögen und das in der Betriebsstätte erwirtschaftete Ergebnis an(so genanntes Veranlassungsprinzip). Soweit Gewinne einer vormaligen, inDeutschland gelegenen Betriebsstätte zugerechnet werden könnten, stehe dasBesteuerungsrecht demnach abkommensrechtlich weiterhin Deutschland zu. DieserZuordnung stehe nicht entgegen, dass die Betriebsstätte, in der die Gewinneerwirtschaftet worden seien, zum Zeitpunkt des Einkünftebezugs nicht mehrbesteht.
Als "auslösendes Moment" für die Zahlung derVersorgungsbezüge sieht das FG die Tätigkeit des Klägers alsVersicherungsvertreter für die Versicherung XY im Rahmen seiner inländischenBetriebsstätte. Die Versorgungsbezüge seien daher weiterhin der (früheren)inländischen Betriebsstätte zuzuordnen. Eine Doppelbesteuerung in der Slowakeiwürde gemäß Art. 23 Absatz 2a Satz 1 DBA-Slowakei dadurch vermieden, dass dieSlowakei die Versorgungsbezüge von der Besteuerung ausnehme und diese gemäßArt. 23 Absatz 2a Satz 2 DBA-Slowakei lediglich einem gegebenenfalls bestehendenProgressionsvorbehalt unterwerfe. Gegebenenfalls könne der Kläger, der dieVersorgungsbezüge bereits in der Slowakei versteuert habe, einVerständigungsverfahren im Sinne des Artikels 25 Absatz 1 DBA-Slowakeieinleiten.
Gegen das Urteil des FG wurde Revision eingelegt. Dieseläuft beim BFH unter dem Aktenzeichen V R 2/25.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2024, 12 K549/23, nicht rechtskräftig