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Strafrechtsklausur: Muss wiederholt werden

09.04.2021

Zur Wahrung der Chancengleichheit muss in Baden-Württemberg eine Strafrechtsklausur des ersten juristischen Staatsexamens wiederholt werden. Hintergrund ist, dass die Klausur vorab zumindest einem Teil der Prüflinge bereits bekannt geworden war, wie das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart in einem Eilverfahren ausführt. Die Eilanträge zweier Examenskandidatinnen gegen das Land Baden-Württemberg blieben ohne Erfolg

Die Antragstellerinnen hatten begehrt, ihre am 04.03.2021 im Rahmen des Frühjahrstermins bereits geschriebene Strafrechtsklausur zu bewerten und in die Gesamtbewertung der ersten juristischen Staatsprüfung einzubeziehen sowie den Termin für die Wiederholungsklausur am 19.04.2021 vorläufig aufzuheben.

Das VG hat ausgeführt, der Antrag auf Bewertung der bereits geschriebenen Strafrechtsklausur und Einbeziehung dieser in die Gesamtbewertung der ersten juristischen Prüfung sei bereits unzulässig, da er auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sei. Es sei nicht ersichtlich, weshalb es für die Antragstellerinnen unzumutbar wäre, eine Entscheidung über die – noch nicht erhobene – Klage abzuwarten. Soweit sie die vorläufige Aufhebung des Wiederholungstermins für die Strafrechtsklausur am 19.04.2021 begehren, machten sie keinen Anordnungsanspruch glaubhaft.

Nach der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung könne das Landesjustizprüfungsamt Beeinträchtigungen des Prüfungsablaufs oder sonstige Verfahrensfehler von Amts wegen oder auf Antrag eines Prüflings durch geeignete Maßnahmen oder Anordnungen heilen. Es könne insbesondere anordnen, dass Prüfungsleistungen von einzelnen oder von allen Prüflingen zu wiederholen seien, oder bei Verletzung der Chancengleichheit eine Schreibverlängerung oder eine andere angemessene Ausgleichsmaßnahme verfügen. Ein derartiger erheblicher Verfahrensmangel, der zur Wiederholung der Prüfungsleistung von allen Prüflingen führen müsse, liege jedenfalls dann vor, wenn die Prüfungsaufgaben einer nicht feststellbaren Vielzahl von Prüflingen vor dem Prüfungstag bekannt geworden seien.

Davon aber sei hier mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszugehen. Es lägen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass Teile des Prüfungsgegenstands für die am 04.03.2021 durchgeführte Strafrechtsklausur bereits vor dem Prüfungstag einer unbestimmten Anzahl von Prüflingen unterschiedlichster Universitäten des Landes bekannt geworden seien. Damit sei ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren für die bereits geschriebene Strafrechtsklausur nicht mehr gesichert gewesen. Vor diesem Hintergrund sei zur Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge die Entscheidung des Antragsgegners, die Strafrechtsklausur insgesamt wiederholen zu lassen, nicht ermessensfehlerhaft.

So sei aufgrund der Stellungnahme der für die Universität Konstanz zuständigen Aufsichtspersonen und der Amtsinspektorin vom 12.03.2021 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass am 01.03.2021, als eigentlich die öffentlich-rechtliche Klausur geschrieben werden sollte, jedenfalls ein Examenskandidat in Konstanz den Sachverhalt umgedreht und gemerkt habe, dass es sich um die Strafrechtsklausur gehandelt habe, die eigentlich erst am 04.03.2021 geschrieben werden sollte.

Angesichts des anonymen Hinweises einer ehemaligen baden-württembergischen Examenskandidatin vom 10.03.2021 an das Landesjustizprüfungsamt sei zudem ebenfalls mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich unter den Examenskandidaten in Baden-Württemberg verbreitet haben musste, dass es bei der dann am 04.03.2021 gestellten Strafrechtsklausur um Urkundendelikte gehen werde. Denn diese ehemalige Examenskandidatin habe dem Landesjustizprüfungsamt mitgeteilt, dass in Konstanz anstelle der öffentlich-rechtlichen Klausur die Strafrechtsklausur ausgeteilt worden sei, sodass alle Examenskandidaten im betreffenden Raum bereits Zeit gehabt hätten, den Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und zu erkennen, dass es um Urkundendelikte gehen würde. Nachdem dieses Versehen der Aufsicht von einem Examenskandidaten aufgedeckt worden sei, habe die Aufsicht den Vorfall offenbar nicht gemeldet, sodass keine Ersatzklausur, sondern die bereits ausgeteilte Klausur gestellt worden sei.

Die Anordnung der Wiederholungsklausur durch den Antragsgegner lässt nach Ansicht des VG keine Ermessensfehler erkennen. Ferner erweise sich die Anordnung der Wiederholungsklausur auch als verhältnismäßig und angemessen. Gegen die Beschlüsse ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegeben.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschlüsse vom 06.04.2021, nicht rechtskräftig

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