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Pflegekammer Niedersachsen: Muss Stellungnahme zu ihrer Abschaffung zurückziehen

13.01.2021

Die Pflegekammer Niedersachsen muss eine Stellungnahme vom 25.11.2020, die sie im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens über ihre Abschaffung abgegeben hat, zurückziehen und die Veröffentlichung und Verbreitung dieser Stellungnahme unterlassen. Denn diese erfülle nicht die Anforderungen an Sachlichkeit und Objektivität, begründet das Verwaltungsgericht (VG) Hannover seine Entscheidung.

Die Pflegekammer Niedersachsen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Aufgabe unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Belange von Pflegefachpersonen ist. In der Vergangenheit gab es kontroverse Diskussionen über die Gründung der Pflegekammer, ihre Tätigkeit und die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft. Die Rechtmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft war Gegenstand mehrerer gerichtlicher Verfahren. Eine Online-Befragung unter den circa 78.000 Mitgliedern der Pflegekammer, an der circa 15.100 Mitglieder teilnahmen, ergab, dass sich über 70 Prozent der Teilnehmer für die Abschaffung der Pflegekammer aussprachen. Daraufhin hat die Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Niedersachsen ein Gesetzgebungsverfahren zur Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen eingeleitet.

Die Pflegekammer gab im Rahmen der Anhörung zu dem Entwurf des "Gesetzes zur Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen" eine Stellungnahme ab, die sie auch auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Die Pflegekammer sprach sich darin entschieden für ihren Erhalt aus.

Die Antragstellerin, selbst Pflichtmitglied der Pflegekammer, forderte die Pflegekammer auf, die Stellungnahme von deren Homepage zu entfernen, sie im Gesetzgebungsverfahren zurückzuziehen und nicht weiter zu verbreiten. Nachdem die Pflegekammer dies abgelehnt hatte, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf vorläufigen Rechtschutz beim Verwaltungsgericht (VG) Hannover.

Das VG gab dem Antrag statt. Es stützt sich hierbei auf die in der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) etablierten Grundsätze. Mehrere Äußerungen in der Stellungnahme würden den nach diesen Maßstäben an eine Berufskammer mit Pflichtmitgliedschaft zu stellenden Anforderungen an die Objektivität und Sachlichkeit nicht gerecht. Anders als bei privaten Interessenverbänden bringe es die Pflichtmitgliedschaft mit sich, dass ein Gesamtinteresse der Kammermitglieder vermittelt werden müsse, das durch Abwägung und Ausgleich auch widerstreitender Interessen zu ermitteln sei. Im Fall höchst umstrittener Fragen dürfe die Pflegekammer ihre Mehrheitsauffassung nicht apodiktisch mitteilen, sondern müsse zugleich die Minderheitsauffassung(en) offenlegen und die zur Mehrheitsauffassung führende Abwägung der verschiedenen Positionen erkennbar machen.

Die streitgegenständliche Stellungnahme sei hingegen durch eine einseitige Darstellung und das Ausblenden von Gegenpositionen geprägt. Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen unter den Mitgliedern zu dem höchst umstrittenen Thema des Fortbestands der Antragsgegnerin sei nicht erkennbar. Insbesondere erfolge die Darstellung der Auffassung derjenigen Mitglieder, die die Auflösung der Pflegekammer befürworten, nicht in ausreichendem Maße. Die Pflegekammer verlasse die Grenze der zulässigen Äußerung somit bereits, weil sie unterschlage, warum sich in der besagten Befragung ein nicht unwesentlicher Teil ihrer Mitglieder gegen ihren Fortbestand ausgesprochen habe. Die Pflegekammer nenne vielmehr einseitig Argumente dafür, dass das Ergebnis der Online-Befragung nicht zur Grundlage der Entscheidung über ihre Auflösung gemacht werden solle und suggeriere ohne sachliche Anhaltspunkte, dass die nicht an der Abstimmung beteiligten Mitglieder sich für ihren Fortbestand entscheiden würden.

Die vom VG als unzulässig erachteten Passagen seien untrennbar mit den weiteren Teilen der verfahrensgegenständlichen Stellungnahme verwoben. Schließlich stellten sich die Rechtsverstöße, die der Stellungnahme anhafteten, in dieser Konstellation als besonders schwerwiegend dar. Die Antragsgegnerin habe die Stellungnahme am 25.11.2020 veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt hätten bereits sowohl das VG Hannover als auch das OVG Niedersachsen auf ein vorangegangenes einstweiliges Rechtschutzersuchen eine zuvor veröffentlichte Pressemitteilung der Antragsgegnerin, in der diese ebenfalls für ihren Fortbestand eingetreten sei, unter anderem wegen fehlender Sachlichkeit beanstandet und deren Entfernung von der Homepage angeordnet. Die Stellungnahme sei überdies ohne ausreichende Beteiligung der Kammerversammlung und deshalb unter Verstoß gegen maßgebliche Verfahrensvorschriften zustande gekommen.

Gegen den Beschluss kann beim OVG Niedersachsen Beschwerde eingelegt werden.

Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 04.01.2021, 7 B 6300/20, nicht rechtskräftig

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