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Meniskusschaden: Für Profihandballer als Berufskrankheit anerkannt

23.04.2021

Für die Anerkennung einer BK Nr. 2102 (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) muss das Erscheinungsbild der Tätigkeit durch überdurchschnittliche Meniskusbelastungen geprägt sein. Hierfür bedarf es bei einem Profisportler weder einer bestimmten in Stunden zu berechnenden Mindesteinwirkungsdauer noch einer prozentualen Mindestbelastung. Soweit die Berufsgenossenschaft eine Mindesteinwirkungsdauer von 3.200 Stunden ansetzt, entbehrt dies sowohl einer gesetzlichen als auch einer wissenschaftlichen Grundlage. Es ist daher unzulässig, die Dauer des Spiel- und Trainingsbetriebs eines Profisportlers mit der achtstündigen Arbeitsschicht sonstiger Arbeitnehmer in Relation zu setzen. Dies hält das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg fest.

Der 1980 geborene Kläger spielte seit 1991 Handball, zunächst als Jugendspieler und von Juni 2001 an als Bundesliga-Profispieler wöchentlich rund 20 Stunden bis zum Karriereende Mitte 2015. Im Juli 2004 wurde bei einer Kernspintomographie erstmals eine Innenmeniskusschädigung am rechten Knie festgestellt.

Seinen Antrag vom September 2016, seinen Meniskusschaden als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen, lehnte die Berufsgenossenschaft (BG) ab. Der Kläger habe seit Juni 2001 zwar eine in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte und damit zu berücksichtigende gefährdende Tätigkeit als Handballspieler ausgeübt. Eine mehrjährige, zumindest zweijährige Ausübung der belastenden Tätigkeit liege aber nicht vor. Denn der Verordnungsgeber lege insoweit eine vollschichtige Tätigkeit von 1.600 Stunden pro Jahr zugrunde. Für Personen, die wie der Kläger eine Teilzeittätigkeit ausübten, müsse daher eine Einwirkung von mindestens 3.200 Stunden (zwei Jahre mal 1.600 Stunden) nachgewiesen sein. Für die Beurteilung erheblich seien versicherte Zeiten bis zur ersten gesicherten Diagnose eines Meniskusschadens, hier also der Zeitraum Juni 2001 bis zum Auftreten der ersten degenerativen Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenks im Juli 2004. In diesem Zeitraum habe der Kläger aber lediglich versicherte Trainings- und Wettkampfzeiten im Umfang von 1.776 Stunden absolviert.

Die hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen blieb erfolglos. Im Berufungsverfahren hat das LSG Baden-Württemberg das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und festgestellt, dass der Innenmeniskusschaden im rechten Kniegelenk des Klägers eine Berufskrankheit nach Ziff. 2102 der Anl. 1 der BKV ist. Beim Handballsport würden die Kniegelenke durch schnelle Richtungsänderungen bei hohem Tempo, häufig auch mit unkontrolliertem Aufkommen auf dem Hallenboden bei Sprungwürfen, überdurchschnittlich belastet. Der Kläger sei im Zeitpunkt der erstmalig nachgewiesenen Innenmeniskusschädigung am rechten Knie im Juli 2004 auch bereits drei Jahre und daher mehrjährig überdurchschnittlich meniskusbelastend als versicherter Profihandballer tätig gewesen.

Soweit die BG darüber hinaus eine Mindestbelastungsdauer von 3.200 Stunden verlange, entbehre dies sowohl einer gesetzlichen als einer wissenschaftlichen Grundlage. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass professionell betriebener Handballsport durch die Intensität der Trainings- und Spielbelastung auf Profiniveau zu deutlich höheren Belastungsspitzen führe. Es sei daher nicht zulässig, die geringere Dauer des Spiel- und Trainingsbetriebs eines Profisportlers mit der achtstündigen Arbeitsschicht sonstiger Arbeitnehmer in Relation zu setzen. Zudem liege auch keine relevante belastungsunabhängige Vorschädigung vor. Insoweit stehe es dem Anspruch des Klägers grundsätzlich nicht entgegen, dass dieser bei einer Aufnahme des Handballsports im Kindesalter und nach Durchlaufen aller Jugendmannschaften bis zum Übergang in den Lizenzspielerkader bereits einer erheblichen Meniskusbelastung mit möglicherweise vorauseilenden Veränderungen unterlag.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2021, L 8 U 1828/19

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