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Handy-Daten von Asylsuchenden: Dürfen nur als ultima ratio ausgelesen werden

22.06.2021

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist ohne das Ausschöpfen milderer Mittel nicht befugt, Asylsuchende zur Preisgabe ihrer Handyzugangsdaten zu verpflichten, die Handys auszuwerten und die so erlangten Daten der Entscheidung über den Asylantrag zugrunde zu legen. Dies betont das Verwaltungsgericht (VG) Berlin.

Die Klägerin reiste 2019 in das Bundesgebiet ein. Sie gab an, afghanische Staatsangehörige zu sein, und reichte eine afghanische Geburts- und eine Heiratsurkunde ein, war allerdings nicht im Besitz eines gültigen Passes oder Passersatzes. Bei der Asylantragstellung folgte sie der Aufforderung des BAMF, ihr Handy zu übergeben und die Zugangsdaten zur Verfügung zu stellen.

In ihrem Beisein wurde das Gerät dann ausgelesen, die darauf vorhandenen Daten zu einem Ergebnisreport verarbeitet und dieser gespeichert. Erst danach übersetzte das BAMF die von der Klägerin im Asylverfahren überreichten Urkunden und gab deren Überprüfung in Auftrag. Anschließend wurde nach Zustimmung eines Volljuristen des BAMF der Ergebnisreport zur Verwendung im Asylverfahren freigegeben. Die Klägerin wendet sich gegen das Auslesen und Auswerten ihres Handys, das sie als unzulässige Grundrechtseingriffe ansieht.

Das VG Berlin hat der Klage stattgegeben. Die Anordnung des BAMF, die Zugangsdaten für eine Auswertung des von der Klägerin übergebenen Handys zur Verfügung zu stellen, sei ebenso rechtswidrig gewesen wie das Auslesen der Daten, die Auswertung sowie die Speicherung des generierten Ergebnisreports. Zwar räume das Gesetz dem Bundesamt in § 15a Asylgesetz die Möglichkeit ein, Datenträger auszuwerten. Dies setze jedoch voraus, dass die Auswertung für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann.

Daran fehle es hier, so das VG Berlin. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung und der Auslesung des Handys hätten mildere Mittel eingesetzt werden können, wie etwa die Auswertung und Überprüfung der von der Klägerin überreichten Dokumente, die erst nachträglich vorgenommen worden sei. Ein Auslesen und Speichern auf Vorrat sei unzulässig. Da die Erhebung der Daten rechtswidrig gewesen sei, habe auch der Ergebnisreport nicht verwertet werden dürfen.

Das VG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 01.06.2021, VG 9 K 135/20 A

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