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Falscher Impfpass: Mann verliert nach 19-jähriger Betriebszugehörigkeit Arbeitsplatz

07.02.2023

Wer seinem Arbeitgeber einen gefälschten Impfpass vorlegt, muss mit einer Kündigung rechnen. Dies zeigt der Fall eines Messanwärters, dem nach 19-jähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt worden war, weil er einen gefälschten Impfpass vorgelegt hatte. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf erachtete die fristlose Kündigung für rechtens.

Der Kläger war seit 2002 als Messwärter bei der Beklagten tätig. Er war einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Mit In-Kraft-Treten des § 28b Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in der Fassung ab dem 24.11.2021 forderte die Beklagte ihre Beschäftigten auf, im Rahmen der so genannten 3G-Regelung vor Dienstantritt einen vollständigen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorzulegen.

Am 24.11.2021 und 25.11.2021 zeigte der Kläger der Personalabteilung jeweils einen negativen Corona-Test vor. Am 26.11.2021 legte er einen Impfausweis vor. Ausweislich dessen war er am 05.07.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9661 und am 16.08.2021 mit der Impfcharge COMIRNATY Ch.-B.: EX9117 geimpft worden. Beide Impftermine waren mit folgendem Stempel versehen: "Impfzentrum Duisburg Im auftrag des Landes NRW" und trugen dieselbe Unterschrift.

Am 29.12.2021 kündigte die Beklagte nach Beteiligung des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung sowie nach eingeholter Zustimmung des Inklusionsamts das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos und hilfsweise fristgerecht. Sie hat behauptet, der Impfausweis sei gefälscht. Dem hat der Kläger widersprochen. Die Kündigungsschutzklage blieb vor dem Arbeitsgericht ohne Erfolg.

Das LAG Düsseldorf hat sodann in einer umfangreichen Beweisaufnahme unter anderem eine Kriminalhauptkommissarin, den damaligen ärztlichen Leiter des Test- und Impfzentrums Duisburg, die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg sowie einen vom Kläger benannten Zeugen vernommen. Im Rahmen der streitigen Verhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat das LAG dem Kläger das vorläufige Beweisergebnis mitgeteilt. Danach sei die Beweislage zu seinen Lasten erdrückend. So sei dreifach abgesichert, dass es die auf seinem Impfpass verzeichneten Chargennummern nicht gegeben habe. Dies habe zunächst die Kriminalhauptkommissarin aufgrund einer Abfrage über den so genannten Chargenchecker beim Paul-Ehrlich-Institut bekundet. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg habe eine Liste des zentralen Apothekenkühlschranks der Stadt Duisburg vorgelegt, auf der – mit Datum versehen – sämtliche verimpften Chargen verzeichnet waren. Am 05.07.2021 und am 16.08.2021 seien die im Impfpass des Klägers verzeichneten Chargen nicht verimpft worden. Die Amtsapothekerin der Stadt Duisburg habe bekundet, dass eine Herstellerabfrage bei Biontech ergeben habe, dass diese Chargen nicht existierten.

Die Zeuginnen und der Zeuge hätten außerdem bekundet, dass aufgrund des Rechtschreibfehlers ("Im auftrag") im verwandten Stempel sowie aufgrund von dessen Qualität, Design und Größe von einer nicht im Impfzentrum Duisburg verwandten Fälschung auszugehen sei. Der Leiter des Impf- und Testzentrums Duisburg habe außerdem ausgesagt, dass im hier relevanten Zeitraum – anders als vom Kläger behauptet – grundsätzlich keine Impfungen ohne Termin erfolgten. Soweit der vom Kläger benannte Zeuge bekundet habe, dass er mit diesem am 16.08.2021 zum Impfzentrum gefahren sei, habe er nur bekunden können, dass er auf dem Parkplatz gewartet und nicht einmal gesehen hatte, ob der Kläger in das Impfzentrum gegangen war, so das LAG.

Selbst wenn man insoweit nicht abschließend von einer Falschaussage ausgehe, ändere dies an der erdrückenden Beweislage nichts. Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in der Absicht, die Nachweispflicht des § 28b Absatz 1 IfSG zu umgehen, stelle eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar. Diese wiegt laut LAG so schwer, dass sie geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises zeuge von einem hohen Maß krimineller Energie, sodass das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig gestört werde. Der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses sei zudem eine Straftat (§ 279 Strafgesetzbuch), hebt das LAG hervor.

Wegen der Schwere des Verstoßes sei es weder auf eine Wiederholungsgefahr noch auf den langjährigen störungsfreien Bestand des Arbeitsverhältnisses angekommen. Der Kläger hat im Anschluss an das Rechtsgespräch und die Hinweise des LAG seine Berufung zurückgenommen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 11 Sa 433/22

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