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Versäumnisse des EVS auf Kosten der saarländischen Gebührenzahler

Bund der Steuerzahler Saarland e. V. / Presseinformation 08.06.2020

EVS muss 200.000 EUR wegen Unregelmäßigkeiten bei der Steuererklärung in die Staatskasse zahlen

Anfang 2020 berichtete der Saarländische Rundfunk über ein Bußgeld von 200.000 EUR, das die EVS Gesellschaft für Abfallwirtschaft GmbH (EVS ABW GmbH), eine Tochtergesellschaft des Abfallentsorgungsverbandes Saar (EVS) wegen Unregelmäßigkeiten bei der Steuererklärung in die Staatskasse zahlen muss.

So hatte es die EVS ABW GmbH versäumt, die Steuererklärungen für die Jahre 2009 bis 2017 abzugeben, was insbesondere bei einer staatlichen Gesellschaft mit Vorbildfunktion unentschuldbar ist. Die rückständigen Steuererklärungen einschließlich derer für das Jahr 2018 liegen zwischenzeitlich dem Finanzamt vor.

Aufgedeckt wurde die Affäre bei einer Betriebsprüfung des Finanzamtes Saarbrücken, die sich über Jahre hingezogen hatte und kompliziert gewesen war. 2016 konnte die Betriebsprüfung abgeschlossen werden, was zu einer Nachzahlung von 550.000 EUR für den Prüfungszeitraum führte. Steuererklärungen für die Zeiträume nach der Betriebsprüfung - also nach 2009 - wurden allerdings zunächst nicht abgegeben. Begründet wurde dies mit personellen Engpässen in dem betreffenden Zeitraum. Für die verantwortlichen Geschäftsführer ist die Nichtabgabe von Steuererklärungen keine harmlose Angelegenheit. Sehr schnell kommt der Verdacht der leichtfertigen Steuerverkürzung oder sogar der Steuerhinterziehung auf.

Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen auf Verdacht der Steuerhinterziehung gegen die verantwortlichen Geschäftsführer mangels Tatnachweis ein und beurteilte die vorübergehenden Steuerverkürzungen als Organisationsversagen in Folge einer unzureichenden Personalausstattung beim EVS. Somit bestünde keine strafrechtliche Relevanz. Es wurde ein Abschöpfungsbescheid erlassen, wonach die höheren Gewinne aufgrund des eingesparten Steuerfachpersonals nun abgeschöpft wurden. Die Höhe der festgesetzten Abschöpfung wurde mit zwei Jahresgehältern einer Steuerfachkraft (E12 Stufe 5) zzgl. Lohnnebenkosten unter Berücksichtigung der steuerlichen Abzugsfähigkeit beziffert. Soweit die Darstellung, wie man sie in den saarländischen Medien und auf der Internetseite des EVS verfolgen konnte.

Da uns die Erklärungen des EVS und die öffentliche Berichterstattung nicht zufrieden stellten, haben wir weitere Recherchen angestellt.
 

Uns stellten sich mehrere Fragen:

  1. Der EVS hat seit 2014 die neue Stelle eines Leiters der Abteilung Steuern ausgeschrieben, um den Personalengpass zu beseitigen. Zunächst allerdings ohne Erfolg. Somit blieb die neue Stelle unbesetzt, bis 2017 eine geeignete Arbeitskraft gefunden wurde. Bei Jahresgesamtbezügen von rd. 70.000 EUR (Entgeltgruppe E 12, Stufe 5, Tabelle 01.04.2019 - 29.02.2020) ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum nicht schon früher geeignetes Personal gefunden werden konnte. Bei Fachkräften aus der Steuerberatung sind Jobs im öffentlichen Dienst heiß begehrt.
     
  2. Es ist die Rede von ersparten Aufwendungen durch reduzierte Personalkosten, die abgeschöpft wurden. Die Geschäftsführung des EVS betont, dass durch die Strafzahlung kein Schaden entstanden sei, da „mit dem Betrag dem EVS nachträglich quasi eine Arbeitskraft für den Bereich Steuern in Rechnung gestellt wurde, über die der EVS aus Sicht der Staatsanwaltschaft im relevanten Zeitraum hätte verfügen müssen“, so der EVS in einem Antwortschreiben an uns.
    Dieser Auffassung können wir uns nicht anschließen. Dem EVS ist durch die Strafzahlung definitiv ein Schaden von 200.000 EUR entstanden. Auch wenn der EVS die Personalaufwendungen für eine Steuerfachkraft zunächst hat sparen können, so sind die Kosten aber spätestens mit Einstellung der Arbeitskraft in 2017 und deren Aufarbeitung aller rückständigen Steuererklärungen bis 2019 entstanden. Somit ergibt sich der gleiche Aufwand für die Erledigung der steuerlich erforderlichen Arbeiten – allerdings um mehrere Jahre zeitversetzt.
  3. Ist der Abschöpfungsbescheid das Ergebnis eines „Deals“ zwischen Staatsanwaltschaft und EVS zur Beendigung eines Strafverfahrens gegen die Geschäftsführer? Hierfür spricht, dass üblicherweise mit Festsetzung einer Geldbuße gegenüber den handelnden Personen auch der Wert des unrechtmäßig Erlangten erfasst wird. Da es in diesem Verfahren zu keiner Straf- oder Bußgeldfestsetzung gekommen ist, war der Erlass eines Abschöpfungsbescheides notwendig, um dem Staat einen adäquaten Ersatz der Kosten der Strafverfolgung und des Verfahrens zuzubilligen. Ein Geschäftsführer einer (nichtstaatlichen) GmbH, der über Jahre hinweg, im vorliegenden Fall neun Jahre, keine Steuererklärungen abgibt, muss mit erheblichen Steuerschätzungen und einer Anklage wegen Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung rechnen. Selbst wenn die Ursache eine dauerhafte Erkrankung seiner Buchhalterin ist, wirkt sich diese Begründung nicht strafbefreiend aus, insbesondere wenn dies einen Zeitraum von 9 Jahren betrifft. Wohlgemerkt: die Festsetzung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung trifft den Geschäftsführer persönlich und die Strafzahlungen müssen von ihm persönlich geleistet werden. Der Abschöpfungsbescheid tangiert demgegenüber nur die GmbH, die alleine für den Betrag aufkommen muss. Von dieser Strafzahlung sind die Geschäftsführer nicht betroffen. Laut Mitteilung des EVS ist nicht beabsichtigt, die Geschäftsführer wegen dieser Strafzahlung in Regress zu nehmen. Anscheinend wird bei diesen Delikten mit zweierlei Maß gemessen: bei öffentlichen Gesellschaften hat man Verständnis für personelle Organisations- und Personaldefizite, bei privaten Gesellschaften spürt der Geschäftsführer die volle Härte des Gesetzes.

 

BdSt-Fazit: Aus Sicht des BdSt wäre die Strafzahlung von 200.000 EUR vermeidbar gewesen.
Auch wenn einige Punkte aufgrund der Betriebsprüfung nicht endgültig geklärt werden konnten, hätte man Steuererklärungen mit dem Hinweis auf einzelne ungeklärte Sachverhalte abgeben können. Die Steuerbescheide wären von der Finanzverwaltung im Hinblick auf die offenen Punkte  vorläufig festgesetzt worden.
Letztendlich muss der saarländische Gebührenzahler für die Strafzahlung des EVS aufkommen.
Es stellt sich die Frage, wann die nächste Abfallgebührenerhöhung im Saarland ansteht.

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