
Versteuern über Grenzen
Provisionen können das Elterngeld erhöhen
Steuerbescheid behält Bestandskraft
Wer schreibt, der bleibt
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 14. Januar 2020 entschieden, dass das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid nicht mehr nachträglich nach Paragraf 129 Abgabenordnung – offenbare Unrichtigkeit – berichtigen kann, wenn die fehlende Erfassung der vom Steuerpflichtigen ordnungsgemäß erklärten Einkünfte trotz ergangener Prüf- und Risikohinweise im Rahmen eines Risikomanagementsystems nicht auf einem bloßen „mechanischen Versehen“ beruht.
Zum Sachverhalt: Der Steuerzahler verdient 128.641 Euro und erklärte diese Einkünfte ordnungsgemäß in seiner Steuererklärung. Er musste aber keine Einkommensteuer zahlen. Beim Einscannen der Unterlagen im Veranlagungsbezirk des Finanzamtes wurde die Anlage S zur Einkommensteuererklärung versehentlich übersehen, so dass eine Erfassung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Überprüfung der eingescannten Daten durch ein Risikomanagementsystem gingen im Veranlagungsbezirk mehrere Prüf- und Risikohinweise ein, die u.a. auf Einkünfte „des Ehemanns/der Ehefrau von weniger als 4.200 Euro“ hinwiesen und eine „personelle Prüfung“ des als „risikobehaftet“ eingestuften Falls vorsahen.
Die zuständige Sachbearbeiterin bearbeitete diese Prüf- und Risikohinweise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit des Klägers zutreffend im Einkommensteuerbescheid übernommen worden waren. Erst im Folgejahr wurde der Fehler erkannt und der Einkommensteuerbescheid berichtigt.
Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass das Finanzamt zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt gewesen sei. Der Bundesfinanzhof folgte dem nicht.
Paragraf 129 Abgabenordnung erlaubt nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sind. Er ist aber nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat. Dies war im vorliegenden Fall gegeben, da die zutreffende Höhe der im Bescheid angesetzten Einkünfte nicht aufgeklärt wurde, obwohl aufgrund der Risiko- und Prüfhinweise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkünfte bestanden und deshalb eine weitere Sachaufklärung geboten war. Das schließt das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des Paragrafen 129 Abgabenordnung aus.
Bundesfinanzhof
Urteil vom 14. Januar 2020
Az. VIII R 4/17